Vom Weltraum in die Produktionshalle: Neues Transferprojekt macht Roboter für flexible Montagearbeiten fit
Im Mittelpunkt von TransFIT steht die Entwicklung von robotischen Lösungen für (teil-)autonome Anwendungen im Rahmen von Weltraummissionen. Ausgehend von den Ergebnissen im DFKI-Transferprojekt TransTerrA, bei dem die Exploration und Logistik für den Aufbau von Infrastruktur auf fremden Planeten betrachtet wurde, liegt in TransFIT nun der Fokus auf dem Aufbau selbst. Damit ist das Projekt Teil der DFKI Space-Roadmap zur Schaffung von Grundlagen für den Einsatz von mobilen, autonomen Systemen bei der extraterrestrischen Exploration. Das Vorhaben stützt sich dabei auf Technologieentwicklungen aus vergangenen Projekten des DFKI und zielt auf die Übertragbarkeit der Projektergebnisse in terrestrische Anwendungen, insbesondere in den Bereich der Industrie 4.0. Gleichzeitig soll die Weltraumforschung von Lösungen profitieren, die eigens für industrielle Anwendungen entwickelt wurden.
Flexible und intuitive Mensch-Roboter-Kollaboration im Weltraumszenario
Um bei bemannten Missionen, bei denen sich Astronauten auf Planeten, Monden oder Asteroiden aufhalten, den Menschen nicht unnötig zu gefährden, ist der Einsatz von robotischen Systemen sinnvoll, etwa beim Aufbau stationärer Lager, Unterständen und Laboren. Da Roboter komplexe Aufgaben jedoch nur bedingt autonom lösen und sich auch nur bedingt flexibel verhalten können, ist eine enge Zusammenarbeit mit den Astronauten notwendig. Im Zentrum von TransFIT steht daher die Umsetzung eines Kooperationsszenarios von Astronauten und Robotern, die gemeinsam eine Infrastruktur aufbauen, wobei sie dabei nach dem Konzept der „Sliding Autonomie” unterschiedlich stark interagieren, von reiner Teleoperation über Teleoperation mit teilautonomen Funktionen und Autonomie mit „Operator in the Loop” bis hin zu kompletter Autonomie. Ziel der Interaktion ist aber nicht nur die Aufgabenteilung, sondern auch, dass der Roboter aus der Unterstützung durch den Menschen lernt, um immer autonomer agieren und seine Einsetzbarkeit und Anpassbarkeit an die speziellen Anforderungen optimieren zu können.
Copyright: DFKI GmbH, Grafik: Meltem Yilmaz
„Die Roboter sollen Fähigkeiten entwickeln, die es den Systemen grundsätzlich ermöglichen, komplexe Montagearbeiten, wie Greifen, Halten und Stecken von vorgefertigten Komponenten autonom oder zusammen mit dem Menschen durchzuführen. Eine direkte Kooperation zwischen Mensch und Maschine ermöglicht eine effektive Lösung und Umsetzung von Aufgaben unter der Nutzung der Stärken beider Beteiligten und gleichzeitiger Kompensation der Schwächen“, erklärt Projektleiterin Dr. Elsa Kirchner.
Voraussetzung für die schnelle Anpassbarkeit des Verhaltens ist die Entwicklung einer einfach bedienbaren Steuerungssoftware, die schnelle Anpassungen vor Ort und während einer Mission ermöglicht. So können z.B. unvorhergesehene Montageleistungen, etwa nicht eingeplante Reparaturen wie der Wechsel eines Rades, statt von dem Roboter autonom auch in Zusammenarbeit mit dem Menschen durchgeführt werden. Im Szenario sollen ein Mensch und ein humanoider Roboter zusammen mit möglicher Unterstützung durch einen weiteren Astronauten über Teleoperation eine Montageleistung erbringen, von der Teilaufgaben vom Roboter autonom, Teilaufgaben von Mensch und Roboter in Kooperation sowie Teilaufgaben teleoperiert durch den Menschen mit Hilfe eines Ganzkörper-Exoskeletts gelöst werden. Des Weiteren wird gezeigt, dass das Verhalten des Roboters sowohl über ein einfaches Interface zur teilautomatischen Erstellung von Montageanleitungen als auch durch Lernen von Fähigkeiten aus der Beobachtung des menschlichen Verhaltens spontan und einfach angepasst werden kann. Ein ebenso wichtiger Baustein ist der Einsatz von Technologien, die der Vermittlung von Intentionen dienen, sowohl der des Roboters als auch der des Menschen. Für die Intentionserkennung beim Menschen werden multimodale physiologische Daten genutzt. Die Intention des Roboters wird leicht verständlich vermittelt und dient u.a. der Akzeptanz sich autonom verhaltender Systeme.
Transfer der Raumfahrttechnologien in den Kontext Industrie 4.0
Neben der Umsetzung des extraterrestrischen Kooperationsszenarios zielt TransFIT auf den Transfer der im Projekt entwickelten Technologien in terrestrische Anwendungen, konkret in die industrielle Fertigung und Produktion.
„Wir verfolgen das Ziel, die Schlüsseltechnologie Robotik nicht nur für die Raumfahrt zu nutzen, sondern auch in industrielle Anwendungen umzusetzen. Aufgrund ihrer Robustheit und Automation verfügen robotische Raumfahrtsysteme über ein hohes Transferpotential, sie funktionieren eigenständig sowie ohne Wartung über lange Zeiträume und Entfernungen hinweg“, so Prof. Dr. Frank Kirchner, Leiter des DFKI Robotics Innovation Centers und der Arbeitsgruppe Robotik an der Universität Bremen.
Zu diesem Zweck entwickeln die Projektpartner unter Federführung von Siemens und auf Basis der im Projekt erarbeiteten Lösungen eine hochflexible und kooperative Montagezelle zur Fertigung komplexer Baugruppen, etwa von kompakten mechanischen oder elektromechanischen Geräten, die nach heutigem Stand durch rein manuelle Arbeit erfolgen würde. Die Zelle soll in der Lage sein, abstrakte Aufgabenspezifikationen autonom und ohne die Notwendigkeit einer detaillierten Programmierung in Zusammenarbeit mit einem menschlichen Werker umsetzen zu können.
Kontakt:
Prof. Dr. Frank Kirchner
Direktor DFKI Robotics Innovation Center
E-Mail: frank.kirchner@dfki.de
Tel.: 0421 178 45 4100
Dr. Elsa Andrea Kirchner
Projektleiterin TransFIT
E-Mail: elsa.kirchner@dfki.de
Tel.: 0421 178 45 4113
Pressekontakt:
Unternehmenskommunikation Bremen
E-Mail: uk-hb@dfki.de
Tel.: 0421 178 45 4180