Cebit 2016: Datenspione auf Android-Geräten wie Bankräuber entlarven
Android ist das weltweit am meisten genutzte Betriebssystem für Smartphones – trotz der Tatsache, dass die Anwender während der Installation einer neuen App regelrecht erpresst werden. Entweder akzeptieren sie, dass die App Zugriff auf bestimmte Daten wie die eigenen Kontakte oder den Zugang zum Internet erhält oder sie können die App nicht verwenden. Inzwischen kann man zwar mit der neuesten Version von Android einige Zugriffswünsche ablehnen, jedoch bietet dies eine trügerische Sicherheit.
„Wenn eine App sagt, welche Daten sie gerne haben würde, dann weiß ich immer noch nicht, was sie damit tut“, sagt Oliver Schranz, der an der Saarbrücker Graduiertenschule für Informatik an der Universität des Saarlandes promoviert. Seine Einschätzung bestätigt eine aktuelle Untersuchung der US-amerikanischen Sicherheitsfirma „Appthority“. Demnach spionieren mehr als 88 Prozent der für den Einsatz in Unternehmen geschriebenen Android-Apps in irgendeiner Form Daten aus. Am Center for IT-Security, Privacy and Accountability (CISPA) hat Schranz daher zusammen mit Philipp von Styp-Rekowsky und Sebastian Weisgerber eine App entwickelt, mit deren Hilfe Anwender und Unternehmen verfolgen können, was in verdächtigen Apps passiert.
Die auf den Namen „TaintArtist“ getaufte App basiert auf der Methode des „Taint Tracking“, das einer Farbpulver-Explosion zwischen Geldscheinbündeln nach einem Bankraub ähnelt. Greift eine App auf für die Privatsphäre wichtige Informationen zu, werden diese markiert. Selbst wenn die Informationen dabei verändert werden, wie es bei Berechnungen der Fall ist, bleibt die Markierung an den neuen Ergebnissen haften. „So können wir auf eine präzise Weise nachverfolgen, wie die Informationsflüsse in einer verdächtigen App verlaufen“, erklärt Schranz. Sobald die Daten an Funktionen übergeben werden, die diese vom Smartphone verschicken oder nach einem vorab definierten Regelwerk als verdächtig gelten, werden die Markierungen überprüft. Im Falle eines Missbrauchs schlägt die CISPA-App Alarm. Der Anwender muss dazu lediglich die App installieren und danach auswählen, welche Apps überwacht werden sollen beziehungsweise was genau bei diesen verboten sein soll oder nicht.
Bisher war für solch eine Informationsflussanalyse eine Systemmodifikation notwendig, die jeden Laien überfordert hätte. Um dies nun jedem Anwender nach wenigen Schritten zu ermöglichen, nutzen die Saarbrücker Informatiker ein Novum der beiden jüngsten Versionen des Android-Betriebssystems aus. Ab diesen führt Android nicht mehr die Zwischendarstellung des jeweiligen App-Codes direkt aus, sondern übersetzt diesen auf dem Smartphone in ausführbaren Maschinencode. Das ermöglicht Schranz und seinen Kollegen, den für die Markierung notwendigen Code während der Übersetzung hinzuzufügen. Der Code der jeweiligen App müsse nicht geändert werden, allerdings arbeite die überwachte App auch etwas langsamer, so die Forscher. „In Anbetracht der Tatsache, dass die Smartphones inzwischen alles innerhalb von Millisekunden abwickeln, wird der Anwender diese zusätzliche Rechenzeit kaum merken“, erklärt Schranz. Deswegen ist er überzeugt, dass sich die App auch sehr gut für Unternehmen eigne. „Wenn Angestellte dort ihre eigenen Geräte verwenden, kann das Unternehmen mit unserer App sicherstellen, dass bestimmte Daten das Gerät nicht verlassen“, so Schranz. Ob die App in Zukunft in ein kommerzielles Produkt überführt wird oder kostenlos erhältlich ist, lässt er offen.
Hintergrund: IT-Sicherheit an der Universität des Saarlandes
IT-Sicherheit ist ein Schwerpunkt der Informatik-Institute auf dem Campus der Universität des Saarlandes. Dies belegen die jüngst gewonnenen „Consolidator Grants“ des Europäischen Forschungsrates (ERC) durch die Forscher Derek Dreyer (Max-Planck-Institut für Softwaresysteme) und Professor Bernd Finkbeiner (Fachrichtung Informatik) ebenso wie der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft für vier Jahre bewilligte und 8,4 Millionen schwere Sonderforschungsbereich „Methods and Tools for Understanding and Controlling Privacy“. Bereits 2011 richtete das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 17 Millionen Euro drei Kompetenzzentren für IT-Sicherheit ein. Eines davon ist das Center for IT-Security, Privacy and Accountability (CISPA) an der Universität des Saarlandes. Inzwischen ist es zu einem Forschungsstandort mit internationaler Sichtbarkeit geworden. 33 Gruppen mit 210 Forschern arbeiten dort. Größter Erfolg bis dato: Zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Informatik und dem Max-Planck-Institut für Softwaresysteme gewann CISPA den „ERC Synergy Grant“. Sie erhielten damit rund zehn Millionen Euro, um zu erforschen, wie man im Internet Anwender gegen Ausspähung und Betrug schützen und Täter entlarven kann, ohne dabei den Handel, die freie Meinungsäußerung sowie den Zugang zu Informationen im Internet einzuschränken.
Weitere Informationen:
Fachartikel: http://dl.acm.org/citation.cfm?doid=2810103.2810129
Pressefotos unter: www.uni-saarland.de/pressefotos
Fragen beantwortet:
Oliver Schranz
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Redaktion:
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