Informatiker Reinhard Wilhelm für lebenslange Forschungsleistung international ausgezeichnet
Informatik-Professor Reinhard Wilhelm vor dem Leibniz-Zentrum für Informatik, Schloss Dagstuhl © Mechthild Schneider
Echtzeitsysteme: sie steuern Prozesse, bei denen es darauf ankommt, dass ein Programm innerhalb eines bestimmten Zeitfensters abläuft – zum Beispiel in Airbags, Antiblockiersystemen oder Flugzeugsteuerungen. Würde hier nur um Sekundenbruchteile zu langsam gerechnet, stünden Menschenleben auf dem Spiel. Der saarländische Informatik-Professor Reinhard Wilhelm hat viele Jahre damit verbracht, automatische Verfahren zur Laufzeitanalyse in Echtzeitsystemen zu entwickeln. Dank seiner Arbeit kann man heutzutage die korrekte Funktionsweise zeitkritischer Softwaresysteme garantieren. Für diese Forschungsleistung ist er nun international vom größten technischen Berufsverband der Welt geehrt worden.
Reinhard Wilhelm wurde jetzt mit dem „Outstanding Technical Achievement and Leadership Award“ des Technischen Komitees für Echtzeitsysteme des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE), dem größten technischen Berufsverband der Welt, ausgezeichnet. Die seit 1999 jährlich verliehene Auszeichnung gilt weltweit als die renommierteste des Fachgebiets. Der inzwischen emeritierte Professor der Universität des Saarlandes ist der erste Preisträger aus Deutschland: „Ich freue mich sehr über diese Anerkennung meiner Lebensleistung“, so Informatiker Wilhelm.
Von 1965 bis 1972 studierte Reinhard Wilhelm Mathematik, Physik und mathematische Logik an der WWU Münster sowie Informatik an der TU München und der Stanford University in den USA. 1977 promovierte er an der TU München. Seit 1978 ist Wilhelm Professor an der Universität des Saarlandes, wo er bis zu seiner Emeritierung 2014 den Lehrstuhl für Programmiersprachen und Übersetzerkonstruktion innehatte. Zudem war er von 1990 bis 2014 wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Zentrums für Informatik auf Schloss Dagstuhl.
Sein Forschungsinteresse gilt der Analyse von Programmlaufzeiten in Echtzeitsystemen, insbesondere der worst-case execution-time (WCET), der längst möglichen Ausführungszeit eines Programms. Anhand dieses Wertes lässt sich bestimmen, ob ein Programm innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums ausgeführt werden kann oder nicht. In der Praxis lässt sich damit wiederum vorhersagen, ob sich ein Airbag rechtzeitig öffnet, die Reifen beim Bremsen blockieren oder alle Komponenten einer Flugzeugsteuerung zum richtigen Zeitpunkt in Gang gesetzt werden können.
Seit den neunziger Jahren forscht Prof. Wilhelm zu diesem Thema. „Die Architektur von Mikroprozessoren wurde damals rasant komplexer, was die Berechnung von Programmlaufzeiten enorm erschwerte“, erinnert sich Wilhelm. Trotzdem gelang es ihm und seinen Doktoranden, die erste Methode für eine statische, sowohl korrekte als auch präzise Laufzeitanalyse zu entwickeln. Der 2001 erschienene Aufsatz, in dem das Team diesen Durchbruch veröffentlichte, wurde im vergangenen Jahr mit dem Test-of-Time-Award der „Embedded Systems Week“ ausgezeichnet.
1998 gründete Wilhelm gemeinsam mit einigen seiner Doktoranden die „AbsInt Angewandte Informatik GmbH“, mit der sie ihre Entwicklung selbst in die Praxis brachten. Bis heute führt das Unternehmen Analysen sicherheitskritischer Softwaresysteme für Partner aus der Luft- und Raumfahrt sowie der Automobil-, Energie- und Telekommunikationsindustrie durch.
Fragen beantwortet:
Prof. Reinhard Wilhelm
wilhelm@cs.uni-saarland.de
Mehr Informationen:
https://site.ieee.org/tcrts/awards/achievement-and-leadership-awards/
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