Lisa Marie Rolli: Hotz-Medaillenträgerin über KI, Bioinformatik und ihre Promotion

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Lisa Marie Rolli, Photo: İzzettin Algan


Lisa Marie Rollis akademische Laufbahn ist wirklich bemerkenswert.

Was als Funke der Neugier für Chemie und Programmieren begann, führte sie zum Bioinformatik-Studium an der Universität des Saarlandes, wo sie bereits in den ersten Semestern als wissenschaftliche Hilfskraft tätig war. Während ihres Bachelor- und Masterstudiums lag ihr Fokus auf reliability und interpretability in AI.

Heute ist Lisa Marie Doktorandin an der Universität des Saarlandes auf dem Saarland Informatics Campus. Für ihre Masterarbeit zum Thema trustworthy machine learning mit dem Titel „Increasing Trust in Machine Learning-based Drug Sensitivity Prediction“ wurde sie kürzlich mit der Günter-Hotz-Medaille ausgezeichnet. In diesem Interview spricht sie über ihren Weg vom Bachelor bis zur Promotion, ihre preisgekrönte Arbeit, überwundene Herausforderungen – und darüber, warum trustworthiness in AI heute wichtiger ist denn je.

Du hast deinen Bachelor und Master abgeschlossen und promovierst aktuell in Bioinformatik. Was hat dich dazu bewegt, Bioinformatik zu studieren – und wie hat dich das Studium am #SIC auf deinem bisherigen Karriereweg geprägt?

In den letzten beiden Schuljahren habe ich am „Juniorstudium“ teilgenommen – einem Programm, das es mir ermöglicht hat, schon vor dem Abitur einige Uni-Kurse zu besuchen. Ich wusste noch nicht genau, was ich später studieren wollte, aber ich konnte mir etwas Technisches oder Naturwissenschaften vorstellen. Mein Lieblingsfach in der Schule war Chemie, also habe ich mit einer Chemievorlesung angefangen – die war wirklich toll! Zur gleichen Zeit hat ein Freund von mir angefangen, Informatik zu studieren, und er hat mich überredet, am Kurs „Programmieren 1“ teilzunehmen. Der war zwar herausfordernd, aber es hat mir richtig Spaß gemacht – und ich war direkt interessiert.

Chemie mochte ich trotzdem weiterhin – deshalb war Bioinformatik für mich die perfekte Kombination aus beidem. Und es hat mir so gut gefallen, dass ich direkt im Master weitergemacht habe.

Das Studium am SIC habe ich als sehr angenehm erlebt, vor allem wegen des Umfelds. Alle unterstützen sich gegenseitig, es gibt eine starke Kultur der Kollaboration. Ich hatte sehr gute Betreuer*innen für meine Bachelorarbeit, die mich danach auch als wissenschaftliche Hilfskraft angestellt haben. Sie wollten gemeinsam mit mir unsere Ergebnisse veröffentlichen und waren begeistert davon, dass ich auch meine Masterarbeit bei ihnen schreiben wollte. Es war eine sehr offene und unterstützende Atmosphäre – also bin ich geblieben und bin jetzt im Promotionsprogramm.

Gleichzeitig würde ich sagen, dass das Studium auch auf eine gute Art herausfordernd war. Es hat viel Einsatz verlangt, aber ich fand es toll, weil ich so viel dazugelernt habe. Es war intellektuell sehr anregend.

Du wurdest kürzlich vom FDSI mit der Günter-Hotz-Medaille für deine Masterarbeit „Increasing Trust in Machine Learning-based Drug Sensitivity Prediction“ ausgezeichnet. Was hat dich dazu bewogen, dieses Thema zu wählen, und kannst du uns mehr über deine Arbeit erzählen?

Während meines Bachelors habe ich begonnen, am Lehrstuhl von Professor Lenhof zu arbeiten. Meine Abschlussarbeit beschäftigte sich mit der Vorhersage der Sensitivität gegenüber Krebsmedikamenten, wobei der Fokus darauf lag, verlässliche Vorhersagen zu erstellen, die vom Nutzer festgelegte Sicherheitsgarantien für die Korrektheit der Prognosen bieten.

Das Ziel der Vorhersage der Sensitivität gegenüber Krebsmedikamenten ist die Entwicklung von Machine-Learning-Modellen, die die Wirksamkeit einer medikamentösen Behandlung vorhersagen können. Diese Vorhersagen könnten schließlich in einem Behandlungsempfehlungssystem eingesetzt werden. Natürlich kann man einem Modell, das in medizinischen Anwendungen eingesetzt wird, nicht einfach blind vertrauen. Es muss sichergestellt werden, dass das Modell höchste Anforderungen an Vertrauenswürdigkeit erfüllt. Zum Beispiel sollte das Modell bestimmte Sicherheitsgarantien erfüllen und für Menschen verständlich sein – insbesondere für Ärztinnen und Ärzte –, damit sie nachvollziehen können, wie die Wirksamkeitsvorhersagen zustande kommen.

Während meiner Zeit als wissenschaftliche Hilfskraft lag unser Fokus auf der Vertrauenswürdigkeit von Machine Learning Modellen zur Vorhersage der Sensitivität gegenüber Krebsmedikamenten – insbesondere in Bezug auf interpretability und reliability. Dabei ist uns aufgefallen, dass diese Aspekte in diesem Forschungsfeld bisher kaum untersucht wurden.

Derzeit konzentriert sich die Forschung vor allem darauf, die Vorhersageleistung zu verbessern, während die Frage, wie vertrauenswürdig ein Modell tatsächlich ist, bisher wenig Beachtung findet.

Da wir festgestellt haben, dass es im Bereich interpretability großen Nachholbedarf gibt, haben wir in meiner Masterarbeit einen neuartigen Ansatz entwickelt, der deutlich besser interpretable ist als die bisherigen Methoden in diesem Feld. Zudem haben wir seine Leistung mit modernen Deep Neural Networks verglichen – und unser Ansatz hat sie übertroffen.

Personalized Medicine finde ich persönlich sehr spannend, und in diesem Bereich zu forschen macht mir richtig viel Spaß! Für mich ist Vertrauenswürdigkeit in der Personalized Medicine enorm wichtig. Ohne Vertrauen kann nichts angewendet werden. Das ist einer der wichtigsten Aspekte in diesem Forschungsfeld – deshalb wollte ich meinen Beitrag dazu leisten.

Welche Herausforderungen sind dir während deiner Abschlussarbeit begegnet, und wie hast du sie gemeistert?

Als ich mit meiner Abschlussarbeit begann, hatte ich ein anderes Thema. Es ging darum, Synergien von Wirkstoffen vorherzusagen, also ob Medikamente sich gegenseitig positiv, antagonistisch oder neutral beeinflussen. Ich war sehr begeistert davon. Meine Betreuer baten mich jedoch, vor dem eigentlichen Start die Modellannahmen zu überprüfen, was auch sinnvoll war. Ich sollte prüfen, ob eine positive Korrelation zwischen der Ähnlichkeit der Medikamente und der Wirkungsantwort besteht. Das war aber nicht der Fall – die Ergebnisse waren extrem streuend. Die Grafiken zeigten überhaupt keine Korrelation, nicht einmal eine negative. Wir versuchten, das Modell anzupassen, ohne das Thema zu ändern, aber irgendwann funktionierte keine meiner Ideen mehr. Schließlich sahen meine Betreuer und ich keine andere Möglichkeit mehr, als das Thema zu wechseln. Sie halfen mir beim Brainstorming, und so kam ich schließlich zu meinem endgültigen Thema.

Man hat manchmal eine Idee und denkt, sie sei richtig gut – bis man sie ausprobiert und merkt, dass sie einfach nicht funktioniert. Ein anderes Mal hatten wir zum Beispiel eine Idee, aber dadurch ist die Laufzeit komplett explodiert. Mehrere Stunden für eine Vorhersage – das ist nicht wirklich praktikabel, oder? Man muss Ideen verwerfen, damit es schneller läuft – oder überhaupt funktioniert. Manchmal verbringt man Tage damit, etwas zum Laufen zu bringen. Aber wenn es einfach nicht klappt, muss man irgendwann akzeptieren, dass es nicht funktioniert, und zur nächsten Idee übergehen.

Man muss auch den Mut haben zu sagen: „Okay, das funktioniert nicht – ich muss nochmal ganz von vorne anfangen.“

Natürlich kämpft man nicht nur mit solchen inhaltlichen Dingen. Während meiner Masterarbeit ist uns zum Beispiel einmal die Festplatte abgestürzt – und aus irgendeinem Grund war auch das Backup kaputt. Zum Glück konnte der technische Support der Uni eine ältere Version wiederherstellen, mit der ich weiterarbeiten konnte.

Ich bin wirklich dankbar für die Unterstützung, die ich bekommen habe – besonders von meiner Betreuerin. Auch meine Familie und mein Freund haben mir sehr geholfen. Wenn es mir schlecht ging, haben sie mir wieder auf die Beine geholfen. Insgesamt denke ich, dass man genau diese Art von mentaler Unterstützung in so einer Phase einfach braucht. Man muss dranbleiben und hoffen, dass es am Ende klappt.

Was machst du aktuell?

Aktuell promoviere ich am Lehrstuhl von Professor Volkamer, gefördert durch ein EU-Projekt namens RADAR. Ähnlich wie zuvor liegt mein Fokus auf trustworthy machine learning. Ziel von RADAR ist es, neue nachhaltige Kunststoffalternativen zu entwickeln – durch die Nutzung von Biomasse anstelle fossiler Rohstoffe.

Ich bin Teil des Hazard Assessment Team und mache toxicity predictions für verschiedene toxische Endpunkte – in menschlichen Zellen, der Umwelt und bei Tieren. Ich fand das Projekt besonders interessant, weil es einen starken Bezug zur Chemie hat – ein Bereich, den ich während meines Studiums nicht so oft vertiefen konnte. Das hat sofort mein Interesse geweckt. Und ich finde, es ist ein wirklich wichtiges Projekt – es wäre großartig, wenn es erfolgreich ist! Ich freue mich, meinen Beitrag dazu leisten zu können.

Warum hast du dich für ein Studium am #SIC entschieden? Was macht #SIC für dich besonders – sowohl in Bezug auf Forschungsmöglichkeiten als auch auf deine akademische und berufliche Entwicklung?

Ich habe mich zuerst für ein Studium hier entschieden, weil es die nächstgelegene Universität zu meinem Wohnort war – und ich hatte schon viel Gutes über den Fachbereich Informatik gehört. Nach meinem Juniorstudium habe ich hier angefangen zu studieren – und es hat mir von Anfang an richtig gut gefallen! Später im Studium habe ich Erasmus-Aufenthalte gemacht und dabei gemerkt, wie gut die Universität wirklich ist.

Mir persönlich gefällt der Lehrstil hier sehr gut. Außerdem gibt es unglaublich viele Möglichkeiten, früh in die Forschung einzusteigen – schon während des Bachelors. Bereits im dritten Semester habe ich als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Softwaretechnik angefangen. Nach meiner Bachelorarbeit habe ich dann am Lehrstuhl für Bioinformatik weitergearbeitet – und ich sitze noch immer im selben Büro!

Ich habe das Gefühl, dass die Professor*innen hier wirklich wollen, dass man Teil ihres Forschungsteams wird. Sie unterstützen aktiv bei der Karriereplanung und bieten einem unglaublich viele Möglichkeiten, sich fachlich und beruflich weiterzuentwickeln. Auch während der Abschlussarbeit sind sie extrem hilfsbereit, und wenn man an einem Projekt mitarbeitet, wird man immer als Mitautorin auf der Publikation genannt. Sie fördern einen wirklich – und motivieren einen dazu, das Beste aus sich herauszuholen.

Welche Tipps würdest du jungen Frauen geben, die in das Feld der Bioinformatik einsteigen möchten – und angehenden Studierenden am #SIC?

Am Anfang ist der Übergang von der Schule zur Uni ein großer Schritt. Es ist wirklich schwer, sich daran zu gewöhnen – es ist eine Herausforderung. Geh mit dieser Erwartung rein, aber sei dir auch sicher, dass es mit der Zeit besser wird. Freunde und Familie zu haben, macht einen riesigen Unterschied. Mit anderen zu reden hilft wirklich sehr. Versuche, Lerngruppen zu bilden, mit anderen zusammenzuarbeiten und nicht alles alleine durchzustehen. Jeder hat Schwierigkeiten, aber gemeinsam fällt es einem leichter als allein.

Die ersten Vorlesungen können schwierig sein, aber wenn man erst mal den Dreh raus hat, schafft man auch den Rest. Ich empfehle außerdem, die vielen Angebote zum Lernen hier voll auszunutzen – die Tutor*innen wollen dir wirklich helfen. Und sei nicht zu frustriert, wenn dein Code oder Projekt nicht sofort klappt. Wenn du in deiner Karriere mal auf Hindernisse stößt, solltest du dich nicht zu sehr davon stressen lassen. Am Ende wird alles gut.

Generell würde ich sagen: Nutzt diese positive Umgebung so gut es geht. Wenn euch zum Beispiel eine Tutor*innenstelle angeboten wird, lohnt es sich, es auszuprobieren. Solche Chancen zu ergreifen ist wirklich wichtig.

An junge Frauen: Wenn ihr denkt, dass Bioinformatik das Richtige für euch ist, lasst euch davon nichts im Weg stehen – ich kann euch nur empfehlen, hierherzukommen.

Interessierst du dich für den Bioinformatik-Studiengang an der Universität des Saarlandes auf dem Saarland Informatics Campus? Hier findest du weitere Informationen.

Um einen Einblick zu bekommen, wie die Universität des Saarlandes Nachwuchswissenschaftlerinnen unterstützt, wirf einen Blick auf die Seite des Gleichstellungsbüros.

Editor:
Saarland Informatics Campus Team
Email: yagmur.akarsu@uni-saarland.de