Zwei Forschungsprojekte bringen Speicherung von erneuerbaren Energien voran

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Der Ausbau erneuerbarer Energien hinkt – nicht zuletzt im Saarland, dem eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung attestiert, zu wenig für den Ausbau zu unternehmen. Neben Politik und Gesellschaft, die zu wenig dafür oder zu viel dagegen tun – Stichwort Bürgerinitiativen gegen Windräder usw. – sind es auch handfeste technologische Schwierigkeiten, die den Ausbau verzögern. So ist nicht zuletzt die zuverlässige und möglichst lange andauernde Speicherung von Strom aus regenerativen Energiequellen ein Problem: Nachts, im Winter oder bei schwachem Wind müsste der Strom aus großen Akkus ins Stromnetz gespeist werden, um die Versorgung zu garantieren. Gleichzeitig kommen durch die Verkehrswende und die damit verbundene Zunahme von batterieelektrischen Fahrzeugen Fragen zur Netzstabilität auf. Die Verkehrswende macht außerdem nur Sinn, wenn ein möglichst hoher Anteil des benötigten Stroms aus regenerativen Quellen stammt. Das stellt sich allerdings noch als Herausforderung dar, da die Speicherdauer der riesigen Vanadium-Redox-Flow-Akkumulatoren noch nicht gewährleistet, dass Strom auch nach sehr langen Zeiten ohne Sonne oder Wind zuverlässig und in ausreichender Menge vorgehalten werden kann.

An der technologischen Lösung solcher Probleme arbeiten saarländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Federführung der IZES gGmbH (Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme) in Saarbrücken in zwei Projekten, die vom Bundeswirtschaftsministerium mit insgesamt drei Millionen Euro gefördert werden. Neben der IZES gGmbH ist auch der Chemieprofessor Rolf Hempelmann, der an der Universität des Saarlandes das „Transferzentrum Nachhaltige Elektrochemie“ leitet, an beiden Vorhaben beteiligt.

In einem ersten Projekt liefern Rolf Hempelmann und sein Team die Daten über den Ladezustand so genannter Vanadium-Redox-Flow-Batterien (VRFB), mit denen erneuerbar gewonnene Energie großvolumig gespeichert werden kann. „Die chemischen Abläufe, die in einer solchen Batterie beim Be- und Entladen vor sich gehen, sind sehr komplex und überfordern die konventionelle Datenauswertung über den Prozess“, erläutert Rolf Hempelmann. Sein Team wird IT-Forschern des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, die ebenfalls beteiligt sind, spektroskopische Daten über den Ladezustand der Batterie liefern, mit denen die Informatiker eine Künstliche Intelligenz trainieren können. Gleichzeitig entwickelt die IZES gGmbH eine vereinfachte Auswerteelektronik, die ebenfalls mit dem Auswerteverfahren des DFKI ausgestattet wird. „Am Ende soll das, einfach gesagt, in einem kleinen Kästchen enden, das nicht viel kostet und den Ladezustand der Batterie präzise bestimmen und steuern kann“, erklärt der Chemiker weiter. Neben den Datensätzen aus den Laboren der Universität muss dazu auch das Verhalten der Elektronikkomponenten untersucht und von der KI berücksichtigt werden. Der Betreiber eines so überwachten und gesteuerten Speichers erhält wesentlich detailliertere Informationen über den Zustand der Batterie. Dadurch kann der neu entwickelte Sensor die Wartungsintervalle der VRFB verlängern und vorhandene Speicherkapazität besser nutzbar machen.

Ein zweites Projekt, das sich mit der Verbesserung der Vanadium-Redox-Flow-Batterie beschäftigt, dient der Verminderung von Wirkungsgrad-Verlusten, die beim Be- und Entladen der Batterie auftreten. Das Projekt OptiCharge PLUS ist ein Folgeprojekt zum Vorhaben OptiCharge, in dessen Verlauf ein Demonstrator als Forschungsplattform bestehend aus Photovoltaik-Anlage, VRFB-Speicher und mehreren Ladepunkten errichtet und an ein Energiemanagementsystem angebunden wurde. Sowohl durch Verluste bei der Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom, als auch durch Verluste in der chemischen Batterie geht viel Kapazität verloren. Ein Problem sind Nebenreaktionen, z.B. durch Luftsauerstoff, der in geringen Mengen ungewollt in die Anlage eindringt, einen Teil der wertvollen Vanadium-Ionen oxidiert und damit für die Speicherung unbrauchbar macht.  „In diesem Projekt ist die Aufgabe des ‚Transferzentrums Nachhaltige Elektrochemie‘ die Entwicklung eines Reduktionsmittels, das den Effekt des eindringenden Sauerstoff rückgängig macht, ohne die Batteriefunktion zu beeinträchtigen“, erklärt Rolf Hempelmann seinen Anteil an diesem Projekt. Er schätzt, dass ca. 2-3 Prozent Verlust im Jahr dadurch entstehen. „Mit unserem Reduktionsmittel, das dann permanent in die Batterielösung hineingeträufelt wird, soll die Ladekapazität der Batterie langfristig erhalten bleiben“, erklärt der Wissenschaftler das Ziel. Um die sonstigen Verluste beim Be- und Entladen der Batterie zu vermindern, soll weiterhin ein anlageninternes Gleichstrom-Netz aufgebaut und die gesamte Anlagentechnik Richtung höhere Effizienz optimiert werden. Neben dem Betrieb, der Koordination des Umbaus der Anlagentechnik sowie der wissenschaftlichen Begleitung des Vorhabens entwickelt das IZES das sogenannte OptiCharge-PLUS-Planungstool. Dieses Tool ermöglicht es, verschiedene Anlagenkonfigurationen zu simulieren und so das Grundkonzept von OptiCharge PLUS an die Bedürfnisse verschiedener Nutzer anzupassen. Zum Einsatz kommt dieses Werkzeug zum Beispiel bei der Umsetzung des Konzepts von OptiCharge PLUS an einer Großanlage. Die weiteren Partner im Projekt sind die Technische Universität Kaiserslautern, die die Umsetzung an der Großanlage maßgeblich begleitet und für das Energie-, das Lade- und das Netzmanagementsystem verantwortlich ist, sowie die beiden Industriepartnern Schmid Energy Systems GmbH und TRUMPF Hüttinger Gmbh + Co. KG.

Beide Projekte laufen seit 1. Dezember 2019 mit einer geplanten Dauer von jeweils drei Jahren. Die Projekte werden im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Die Projektbegleitung erfolgt in beiden Projekten  durch den Projektträger Jülich (PtJ). Die Gesamt-Fördersumme durch das Bundeswirtschaftsministerium liegt bei rund drei Millionen Euro, von denen ca. 600.000 Euro an Rolf Hempelmanns Institut sowie ca. 1.000.000 Euro an IZES fließen.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Rolf Hempelmann
Transferzentrum Nachhaltige Elektrochemie
Tel.: (0681) 302-4750
E-Mail: r.hempelmann@mx.uni-saarland.de

Dr. Bodo Groß
IZES gGmbH
Tel.: +49 681 844 972 -51
E-Mail: gross@izes.de

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