Der Traum von neuen Bindungen: Chemiker erforscht neuartiges Synthesekonzept

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„Ich glaube nicht, dass man durch das Vergären von Mais genügend Energie bekommt, um die ganze Welt damit zu versorgen. Das geht sicherlich viel ressourcenschonender“, sagt Dominik Munz. Damit fasst er ein Problem zusammen, das Chemiker wie ihn zu neuen Ideen anspornt.

Denn der Aufwand an Energie und Zeit, den man aufbringen muss, um aus Maiszucker Ethanol zu gewinnen, der anschließend zum Beispiel als Kraftstoff verwendet werden kann, ist viel zu hoch, um die Welt flächendeckend mit Bio-Kraftstoff zu versorgen. Aber wie könnte etwa die Ethanolherstellung effizienter und ressourcenschonender gestaltet werden? Das ginge unter anderem dadurch, dass man mit chemischen Tricks die Bindungen der Grundbausteine des Ethanols, Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff, so umgestaltet, dass sie für Chemiker besser nutzbar wären, als dies bisher auf natürlichem oder klassisch-künstlichem Wege der Fall ist.

„Vereinfacht gesagt, wollen wir Bindungen erzeugen, welche gegen die Lehrbuchmeinung verstoßen, also zum Beispiel ein Stickstoffatom mit nur einer Bindung und nicht wie im Normalfall drei“, erläutert Chemiker Dominik Munz das Grundprinzip seiner Forschungsidee, für die er nun mit einem ERC Starting Grant der Europäischen Union gefördert wird. Durch die Veränderung an den „Andockstellen“ der Atome würden sich die positiven und negativen Ladungen der Elemente nicht mehr ausgleichen.

„Wir können diese ‚aktivierten‘ Bindungen dann in Katalyseprozessen nutzen, um andere Bindungen, wie zum Beispiel die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung in Ethanol zu verknüpfen oder zu aktivieren. Wenn man eine solche Bindung dann aktiviert hat, steht einem, chemisch gesprochen, die Welt offen“, erklärt der Forscher, der vor kurzem von der Universität Erlangen, wo er den ERC Grant beantragt hatte, ins Saarland gekommen ist. Eine solche „Traumreaktion“, wie er es nennt, ist zum Beispiel die effiziente Umwandlung von Solarenergie in Kraftstoffe. Statt die Energie des Sonnenlichts wie bisher direkt ins Stromnetz zu speisen oder in Batterien zu speichern, wo große Teile davon verloren gehen, könnte das Sonnenlicht auch für die Synthese von zum Beispiel Methanol oder Wasserstoff genutzt werden. Auf diese Weise könnte man „Solarsprit“ herstellen, für den nicht zeit- und flächenintensiv Mais angebaut, geerntet und vergoren werden müsste.

Dieses Grundprinzip, die chemischen Bindungen der Elemente gezielt zu verändern, um sie besser und effizienter für die Herstellung von Stoffen zu nutzen, lässt sich nicht nur auf die Energiespeicherung und –gewinnung anwenden. Denkbar sind diverse Möglichkeiten, vom gezielten Design von Wirkstoffmolekülen in Arzneimitteln bis hin zur Produktion von neuer Generationen von Solarzellen oder Glasfaserkabeln, die man dadurch zum Beispiel auf höhere Datendurchsatzraten hin entwickeln könnte. Auch in der Abgasreinigung, wie zum Beispiel in Autokatalysatoren, wäre das neuartige Konzept der Arbeitsgruppe von Dominik Munz denkbar. „Teure und zum Teil toxische Materialien wie Palladium zum Beispiel, die für Katalysatoren genutzt werden, könnten durch günstigere und weniger toxische Metalle ersetzt werden“, sagt der Chemiker. Indem die Bindungen eines infrage kommenden Metalls nach seinem Prinzip verändert werden, könnte das Matieral, das am Ende entsteht, dieselben abgasreinigende Wirkung wie Palladium erzielen, aber viel weniger giftig und auch viel günstiger abzubauen sein.

Bis es soweit ist, haben Dominik Munz und seine Mitarbeiter aber noch viel Grundlagenforschung zu erledigen. Damit diese voranschreitet, wird seiner Arbeitsgruppe in den kommenden fünf Jahren nun mit 1,5 Millionen Euro von der EU gefördert.

Zum Projekt:
In der aktuellen Förderrunde hat die Europäische Union über 400 Starting Grants für junge, aufstrebende Wissenschaftler vergeben, 88 davon gingen nach Deutschland. Neben Dominik Munz und seinem Projekt „PUSH-IT. Charge Separation – A General Motif for the Activation and Catalytic Functionalization of Strong Bonds“ wurden noch Vera Demberg, Professorin für Informatik und Computerlinguistik der Universität des Saarlandes, und Gregor Fuhrmann, Juniorprofessor an der Universität des Saarlandes und Leiter der Nachwuchsgruppe „Biogene Nanotherapeutika“ am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung (HIPS) in Saarbrücken, mit einem Starting Grant ausgezeichnet.

Übersicht über die drei saarländischen ERC Starting Grants.

Übersicht über alle diesjährigen ERC Starting Grants.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Dominik Munz
Tel.: (0681) 302 2970
E-Mail: dominik.munz(at)uni-saarland.de