Echte Schatten für digitale Welten? Ausgezeichnet!

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Damit am Computer erstellte Bilder echt wirken, müssen auf ihnen Licht- und Schattenfall realistisch dargestellt werden. Bei virtuellen Umgebungen, wie in Computerspielen, kostet dies besonders viel Rechenkraft, da sich die Spieler in ihnen bewegen und sie aus verschiedenen Perspektiven erkunden. Die Lichtverhältnisse müssen hier nicht nur für ein Bild, sondern gleich für mehrere in der Sekunde berechnet werden. Nicht nur der Rechenaufwand gilt dabei als Herausforderung, sondern auch Details wie die so genannte indirekte Beleuchtung oder die Darstellung von Kontaktschatten. Erstere tritt auf, wenn im Raum Licht reflektiert wird und dadurch Gegenstände beleuchtet werden. Kontaktschatten sind die dunklen, schmalen Streifen bei Materialien, die Falten schlagen, wo Boden und Wand sich treffen oder Objekte auf einem Untergrund stehen. „Gerade das ist für die menschliche Wahrnehmung wichtig“, erklärt Tobias Ritschel, „diese Kontaktschatten geben dem Betrachter die Information, dass der Gegenstand nicht fliegt.“

Der promovierte Informatiker leitet die Nachwuchsgruppe „Rendering and GPUs“ am Exzellenzcluster für „Multimodal Computing and Interaction“. Ritschel hat es geschafft, dass sich sämtliche Lichtverhältnisse in Szenen, wie man sie für Computerspiele benötigt, aber auch auf Oberflächen von digitalen, dreidimensionalen Objekten, auf effiziente Weise berechnen lassen. Der junge Forscher will jetzt weiter daran arbeiten, den künstlerischen Schaffensprozess zu automatisieren. Wie das aussehen kann, zeigt eine seiner jüngsten Arbeiten: Gemeinsam mit seiner Forschergruppe hat er ein Verfahren entwickelt, das ein schnelles Sortieren vieler Bilder ermöglicht. Ein Algorithmus ordnet sie dazu mithilfe bestimmter visueller Merkmale wie Größe oder Helligkeit. Er verteilt die Bilder hierbei gleichmäßig über die freie Fläche auf dem Bildschirm, sodass ein stimmiges Gesamtbild entsteht. „Das Besondere ist, dass unser Programm erkennt, was der Nutzer möchte“, erklärt Ritschel „Er muss nur drei oder mehr Bilder mit der Maus an bestimmte Plätze ziehen, zum Beispiel zwei links oben in die Ecke und das andere rechts unten in die Ecke. Das Programm errechnet daraufhin die gewünschte Sortierung und ordnet die Bilder entsprechend an.“ Nicht nur Bildredakteure oder Fotografen, sondern auch Onlineshops und Kunstmuseen bietet diese Software neue Möglichkeiten.

Der „Young Researcher Award“ der Eurographics

Die Mitglieder des unabhängigen europäischen Vereinigung für Computergrafik „Eurographics“ haben Ritschel den „Young Researcher Award“ verleihen, weil er sein Fachgebiet entscheidend voran gebracht habe, obwohl er noch am Anfang seiner Karriere stehe. Seine weiteren Ideen, seine vielseitige Forschung bezeichnen sie als „bemerkenswert“, insbesondere Ritschels Forschung zu der Wahrnehmung von am Computer erzeugten stereoskopischen Bildern. Das sind zweidimensionale Bilder, die einen Eindruck von räumlicher Tiefe vermitteln. Das Urteil der Jury dazu lautet: „Seine Arbeit zeichnet sich immer durch technische Exzellenz, unabhängiges Denken, Kreativität und relevante Ergebnisse aus. Seine Produktivität ist bemerkenswert herausragend, er veröffentlicht in den angesehensten Journalen und auf den wichtigsten Konferenzen“. Hans-Peter Seidel, wissenschaftlicher Direktor am Max Planck Institut für Informatik in Saarbrücken und Sprecher des Exzellenzclusters in Saarbrücken. „In der Gemeinschaft der Computer-Grafiker ist das europaweit die höchste Auszeichnung für Forscher seiner Altersklasse“, ordnet er den Preis ein. Vor zwei Jahren hat auch Eurographics Professor Seidel geehrt. Mit dem sogenannten Eurographics Distinguished Career Award würdigte der Verband nicht nur Seidels wegweisende wissenschaftliche Beiträge, sondern auch seine Anstrengungen, exzellente Hochschullehrer für Europa auszubilden und zu fördern. Seidel ist sich sicher, dass man von Ritschels Forschung noch öfters hören werde.

Hintergrund zu Tobias Ritschel

Ritschel studierte Informatik an der Universität Koblenz-Landau, im Jahr 2009 verteidigte er seine Doktorarbeit an der Universität des Saarlandes. Er hatte sie am Max-Planck-Institut für Informatik unter der Aufsicht von Professor Hans-Peter Seidel angefertigt. Zwei Jahre später erhielt er dafür den „Eurographics Thesis Award“. 2010 forschte er in der Gruppe Computergrafik von Telekom ParisTech. Seit Juni 2013 leitet er am Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“ an der Universität des Saarlandes die Nachwuchsgruppe „Rendering and GPUs“. Nicht nur in der Forschung, auch in der Lehre setzt Ritschel Akzente. In seinen Vorlesungen wie „Creative Computing“ verbindet er für Studenten Informatik mit Kunst, im Verein „MINT Campus Alte Schmelz“ im saarländischen Ingbert bringt er bereits Schülern das Erstellen von dreidimensionalen Grafiken bei. „Das macht mir großen Spaß. Es ist faszinierend zu beobachten, wie selbstständig die neue Generation von Schülern mit Hilfe des Internets lernt“, so Ritschel.

Hintergrund Saarbrücker Informatik

Den Kern der Saarbrücker Informatik bildet die Fachrichtung Informatik. In unmittelbarer Nähe forschen auf dem Campus sieben weitere weltweit renommierte Forschungsinstitute. Neben den beiden Max-Planck-Instituten für Informatik und Softwaresysteme sind dies das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Zentrum für Bioinformatik, das Intel Visual Computing Institute, das Center for IT-Security, Privacy und Accountability (CISPA) und der Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“.

 

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Dr. Tobias Ritschel
Cluster of Excellence / Universität des Saarlandes
+49 681 9325-4041

 

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