Nationaler IT-Gipfel: Saarland präsentiert neue Technologie zur dynamischen 3D-Gesichtsrekonstruktion

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Viele Fahrer fürchten den Sekundenschlaf. Für einen kurzen Moment nicken sie am Steuer ein, wachen auf, erschrecken und verreißen das Lenkrad. Zuvor hat sich die Müdigkeit mit schweren Augenlidern, brennenden Augen und häufigem Gähnen sowie Gereiztheit und Nervosität angekündigt. Hier setzt das saarländische Exponat an: Es erfasst Gesichtsausdrücke in Echtzeit auf der Grundlage eines Live-Videos. Dazu wird das Gesicht des Fahrers während der Fahrt im Fahrsimulator von einer einfachen Webcam gefilmt. Deren Videobilder dienen als Eingabe für ein spezielles Rechenverfahren, das die Gesichtsausdrücke und detaillierte Gesichtsgeometrie des Fahrers in bisher unbekanntem Detail digital rekonstruiert. Durch die viel genauere Rekonstruktion kann man besser auf den Gemüts- oder Ermüdungszustand des Fahrers rückschließen und diesen gegebenenfalls warnen.

„Bisher war ein so detailliertes Erfassen von Gesichtsausdrücken nur mit speziellen Kamerasystemen und Markierungen im Gesicht möglich, wie sie in Filmproduktionen üblich sind“, erklärt Professor Christian Theobalt, der am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken die Gruppe „Graphics, Vision and Video“ leitet und an der Universität des Saarlandes lehrt. Die Technologie, die seine Gruppe zusammen mit Kollegen aus der Universität Erlangen-Nürnberg und der US-amerikanischen Universität Stanford entwickelt hat, benötigt lediglich eine herkömmliche Webcam, die Rechenkraft eines handelsüblichen Personal Computers und liefert dennoch Ergebnisse von einer bisher nicht erreichten Qualität. So kann sie das Gesicht einer realen Person in Farbe und in Echtzeit als realitätsgetreues, dreidimensionales Modell darstellen, zusätzlich jedes Mienenspiel abbilden und jede Bewegung der Gesichtsmuskeln erfassen.

Neben der dichten Geometrie des Gesichtes rekonstruiert das Softwaresystem auch, wieviel Licht die Haut reflektiert und schätzt ab, wie die gesamte Szene beleuchtet ist. Dadurch ist die Gesichtsrekonstruktion viel genauer als bisherige Ansätze. Das Ergebnis ist nicht nur so realitätsgetreu, dass kaum ein Unterschied zwischen digitalem Abbild und realem Vorbild wahrnehmbar ist. Es ist selbst dann noch garantiert, wenn sich die Lichtverhältnisse schnell ändern – eine Situation, in der vorherige Verfahren oft fehlschlugen. Dies ist insbesondere beim Einsatz im Auto wichtig, da hier das Licht drastisch variiert, wenn das Fahrzeug durch Wälder, in einen Tunnel hinein oder unter einer Brücke hindurch fährt.

Der Einsatz im Auto ist jedoch nur eine mögliche Anwendung. Laut Theobalt lässt sich die Grundlagentechnologie genauso in der Medizin, der Psychologie, der Mensch-Maschine-Interaktion, Film-und Computerspielindustrie einsetzen. Auch auf dem Gebiet der virtuellen und erweiterten Realität seien völlig neue Anwendungen möglich. „Diese Vielseitigkeit ist eine weitere Eigenschaft unserer Grundlagenforschung. Um Szenen aus der bewegten realen Welt in digitale Abbilder zu überführen, sind neue Methoden der Bilderkennung notwendig, die eine hohe Qualität bieten und preiswert sind“, so Theobalt.

Hintergrund: Saarland Informatics Campus
Den Kern des Saarland Informatics Campus bildet die Fachrichtung Informatik an der Universität des Saarlandes. In unmittelbarer Nähe forschen auf dem Campus sieben weitere, weltweit renommierte Forschungsinstitute. Neben den beiden Max-Planck-Instituten für Informatik und Softwaresysteme sind dies das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Zentrum für Bioinformatik, das Intel Visual Computing Institute, das Center for IT-Security, Privacy and Accountability (CISPA) und der Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“.

Weitere Informationen:
http://gvv.mpi-inf.mpg.de/projects/FaceInCar/

Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Christian Theobalt
Max-Planck-Institut für Informatik
Saarland Informatics Campus E1.4
Universität des Saarlandes
Tel.: +49 681 9325 4028
E-Mail: theobalt@mpi-inf.mpg.de

Redaktion:
Gordon Bolduan
Kompetenzzentrum Informatik Saarland
Saarland Informatics Campus E1.7
Universität des Saarlandes
Tel: +49 681 302 70741
E-Mail: bolduan@mmci.uni-saarland.de



Die Öffentlichkeitsarbeit am Saarland Informatics Campus wird unterstützt durch das Kompetenzzentrum Informatik Saarland, gefördert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Mitteln der Staatskanzlei Saarland.

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