Neue fächerübergreifende Studie: Die Karrierepfade von Absolventen der Universität des Saarlandes

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In welchen Unternehmen finden Absolventen der Saar-Uni ihre erste Anstellung? Wann finden Berufswechsel statt, welche Mobilitätsbereitschaft und welche Gehaltssprünge sind damit jeweils verbunden? Und: Wie unterscheiden sich dabei Absolventen unterschiedlicher Fakultäten und einzelner Fächer? Diese und andere Fragen beantwortet eine neue Studie, die Professor Eike Emrich, Freya Gassmann vom Sportwissenschaftlichen Institut und Privatdozent Wolfgang Meyer vom Centrum für Evaluation durchgeführt  haben. Gefördert und finanziert wurde sie von der Kooperationsstelle für Wissenschaft und Arbeitswelt der Saar-Uni und der Arbeitskammer des Saarlandes.

Die Studienergebnisse werden heute von 16 bis 18 Uhr an der Saar-Uni vorgestellt (Computerlinguistik, Gebäude C7 4, Veranstaltungsraum im 1. Stock). Im Anschluss findet eine Podiumsdiskussion mit Universitätspräsident Manfred Schmitt, Professor Eike Emrich und dem Stellvertretenden DGB Rheinland-Pfalz / Saarland -Vorsitzenden Eugen Roth statt.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Absolventen der Saar-Uni im Arbeitsmarkt sehr gut und schnell positionieren – und zwar bundesweit – und dass sie alles in allem zufrieden sind“, fasst Professor Eike Emrich die empirische Studie zusammen. „Die Absolventen finden sich zudem in der Praxis hervorragend zurecht und fühlen sich sehr gut auf wechselnde Problemlagen vorbereitet, weil ihnen das Studium eine hohe Theorie- und Methodenkompetenz vermittelt.“

Die „Einzigartigkeit von Universitäten zeigt sich in der Studie erneut“, sagt Freya Gassmann: „Universitäten bilden Absolventen aus, sie sind bedeutende Arbeitgeber für Menschen aller Altersstufen und produzieren überdies neues Wissen und neue Ideen, von denen schlussendlich alle profitieren.“ Aktuell sei es vor dem Hintergrund des gedeckelten Budgets allerdings die Frage, wie lange die Universität das noch leisten könne, da die wissenschaftlichen Mitarbeiter in den Fakultäten und wahrscheinlich auch die in der Verwaltung am Rande ihrer Belastbarkeit seien, sagt Professor Emrich. Das hätten unter anderem die jüngsten Hochschulforschungsstudien von Freya Gassmann an der Saar-Uni gezeigt. „Durch die Mittelkürzungen ist absehbar, dass die Universität irgendwann nicht mehr mit finanziell besser ausgestatteten Universitäten mithalten kann“, so Emrich. „Die Daten beschreiben die Situation vor den Sparbeschlüssen“, stellt Wolfgang Meyer klar. „Inzwischen wurde aber das Studienangebot verringert, und es ist ein Alarmsignal, dass laut amtlicher Statistik aktuell mehr Abiturienten das Saarland verlassen, um anderswo zu studieren.“ Daher müsse die Politik jetzt deutliche Signale setzen, damit nicht noch mehr potenzielle Studenten abwandern und dem Saarland künftige Absolventen als Arbeitnehmer verloren gehen.

„Die Ergebnisse haben abermals gezeigt, dass sich Universitäten lohnen“, betont Emrich. „Die Humankapitalrendite der Absolventen für das Saarland ist jetzt völlig klar: Mit den Meldedaten aus der amtlichen Statistik, also realen Einkommensdaten, konnten wir den ökonomischen Nutzen für das Land ermitteln.“ Darüber hinaus trägt die Universität durch „Klebeeffekte“ und Verhinderung der Abwanderung erheblich zur Milderung des demographischen Wandels bei. „Auch die Absolventen, die das Saarland nach ihrem Abschluss zur Aufnahme einer Stelle verlassen, erzeugen als Saarland-Botschafter und Multiplikatoren durch ihre positiven Erfahrungen während ihres Studiums zudem mitunter nachhaltigere Effekte als kostenintensive Marketingprogramme“, gibt Freya Gassmann zu bedenken.

Für die empirische Studie haben die Wissenschaftler eine parallele Auswertung von amtlichen Daten und Befragungsdaten vorgenommen: Die ausgewerteten Daten von rund 17.000 Absolventen basieren zum einen auf der Absolventenstatistik der Universität, die über den Studienverlauf aller Studenten zwischen 1994 und 2011 Auskunft gibt, und zum anderen auf den Daten der so genannten Integrierten Erwerbsbiographien (IEB), also der amtlichen Sozialversicherungsstatistik zwischen 1994 und 2014. Ergänzend wurden die Daten der ersten fächerübergreifenden Befragung von 1.300  Absolventen, die zwischen 2007 und 2014 an der Saar-Uni studiert haben, ausgewertet. „Die Angaben aus unseren Befragungsdaten stimmen in erstaunlichem Maße mit den Auswertungen aus den IEB-Daten der Absolventen überein; dies zeigt, dass die Absolventenbefragung repräsentativ ist“, erläutert Professor Eike Emrich. „Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass sich die Daten ergänzen, denn in der Absolventenbefragung werden zusätzlich zu den IEB-Daten die Gründe für einen Jobwechsel oder für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an einem anderen Ort benannt.“

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse:

„Die Bedingungen auf dem Akademikerarbeitsmarkt haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten sehr positiv entwickelt, was sich unter anderem in der kurzen Suchdauer ausdrückt“, betont Eike Emrich. Die Absolventen der Saar-Uni benötigen im Mittel etwa ein halbes Jahr, bis sie die erste sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen. Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Allerdings stellt man zwischen den Fakultäten überschaubare Differenzen fest: Absolventen der Naturwissenschaftlich-technischen Fakultäten und der Medizin finden etwas schneller als die Absolventen der Philosophischen Fakultäten eine Stelle. Je nach Fakultät nutzen die Absolventen außerdem unterschiedliche Strategien bei der Stellensuche: Für die Mediziner sind studiumsbezogene und universitäre Netzwerke besonders wichtig; für die Absolventen der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften spielen dagegen Jobmessen die größte Rolle, und Absolventen der Philosophischen Fakultäten nutzen vor allem private Netzwerke. Biologen, Chemiker und Pharmazeuten sind häufiger bereits während des Studiums auf der späteren ersten Stelle erwerbstätig. Relativ wenige Absolventen machen sich nach dem Studium selbständig (3 Prozent), am ehesten Absolventen der Geschichts-, Kultur-, Sprach- und Literaturwissenschaften (4 Prozent).

Zwischen den Fakultäten konnten deutliche Unterschiede im Einkommen festgestellt werden: Medizin-Absolventen verdienen mit rund 110 Euro Tagesentgelt bei einer Vollzeitstelle am meisten, gefolgt von Mathematikern und Informatikern (99 Euro),  Physikern und Mechatronikern (97 Euro) und den Absolventen der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften (87 Euro). Ungeachtet dieser Unterschiede zwischen den Fakultäten sind die Absolventen mit ihrer ersten Beschäftigung insgesamt zufrieden, wobei die Absolventen der Philosophischen Fakultäten und die der Chemie, Pharmazie, Bio- und Werkstoffwissenschaften tendenziell etwas unzufriedener mit ihrem Einkommen sind als die Absolventen der übrigen Fächer.

Die Hälfte der Absolventen war vor dem ersten Stellenwechsel etwas mehr als eineinhalb Jahre bei ihrem ersten Arbeitgeber tätig. Fast die Hälfte arbeitet zu Beginn bei größeren Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, dieser Anteil geht später leicht zurück, dafür wächst die Zahl derer leicht, die bei kleinen Arbeitgebern tätig sind. 70 Prozent der Absolventen arbeiten in sozialen und kulturellen Dienstleistungsberufen, in der Unternehmensführung und -organisation sowie in unternehmensbezogenen Dienstleistungsberufen. „Nur etwa 10 Prozent der Absolventen finden ihren ersten Arbeitsplatz in der Industrie“, sagt Wolfgang Meyer. „Die Daten geben nicht her, dass Ingenieure beziehungsweise Absolventen der MINT-Fächer vorrangig gefördert werden sollten.“

Nach den IEB-Daten der Saar-Uni-Absolventen stammen 56 Prozent aus dem Saarland, 44 Prozent aus dem übrigen Bundesgebiet (insbesondere aus Rheinland-Pfalz) und dem Ausland. Die Gründe für die Wahl des Universitätsstandortes Saarbrücken lagen für die Absolventen aus dem Saarland vor allem im Privaten. Sie wollten in der Nähe der Familie und der Freunde bleiben und fühlten sich mit der Region sehr verbunden. Für Absolventen, die nicht aus dem Saarland stammten, waren dagegen fachliche Gründe wichtiger.

Laut IEB-Daten fand mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Absolventen ihre erste Erwerbstätigkeit im Saarland, noch mehr Absolventen (insgesamt 63 Prozent) wohnen aber weiterhin im Saarland und sind damit hier auch steuerpflichtig. Gebürtige Saarländer fanden zu 71 Prozent auch ihre erste Anstellung im Saarland; von den Absolventen, die aus dem übrigen Bundesgebiet stammen, bleiben 35 Prozent für ihre erste Anstellung im Saarland. Dieser „Klebeeffekt“ gilt insbesondere für Absolventen aus den eher strukturschwachen Bundesländern, während die Absolventen, die aus eher wirtschaftsstarken Bundesländern wie Hessen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder Bayern stammen, häufig in diese zurückkehren. Die Befragungsdaten zeigen, dass ein nicht unerheblicher Anteil (13 Prozent) der Absolventen die erste Tätigkeit im Ausland aufnimmt und sich dieser Anteil in der zweiten Erwerbstätigkeit nochmals leicht erhöht.

Zur Aufnahme der zweiten Erwerbstätigkeit ist nicht mehr ganz die Hälfte (45 Prozent) im Saarland tätig ist. Die übrigen arbeiten vor allem in den angrenzenden Bundesländern beziehungsweise in den Bundesländern, aus denen sie stammen. Etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Absolventen wohnt während der zweiten Erwerbstätigkeit im Saarland. Der Rückgang betrifft vor allem Absolventen der Naturwissenschaftlich-technischen Fakultäten; vermutlich verlässt ein großer Teil der Absolventen nach Beendigung der Promotion an der Saar-Uni das Saarland für die zweite Erwerbstätigkeit.

Die Studie wird unter dem Titel „Die Karrierepfade der Absolventinnen und Absolventen der Universität des Saarlandes“ in der Reihe „Schriften der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt“ veröffentlicht. Die Herausgeber sind Freya Gassmann, Eike Emrich, Wolfgang Meyer und Luitpold Rampeltshammer.

Fragen beantworten:

Prof. Dr. Eike Emrich, Lehrstuhl für Sportökonomie und Sportsoziologie
Tel. 0681/302-4170, E-Mail: e.emrich@mx.uni-saarland.de

PD Dr. Wolfgang Meyer, Centrum für Evaluation der Universität des Saarlandes
Tel. 0681/302-4358, Mail: w.meyer@mx.uni-saarland.de

Freya Gassmann M.A., Lehrstuhl für Sportökonomie und Sportsoziologie
Tel. 0681/302-3382, Mail: f.gassmann@mx.uni-saarland.de

Dr. Luitpold Rampeltshammer, Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt (KoWA),
Tel. 0681/302-4802, Mail: kooperationsstelle@univw.uni-saarland.de